Es ist die schwierigste Zeit in meinem Autoren-Dasein: das „Herumrechnen“ an einer Romanidee. Funktioniert sie? Geht sie auf? Ist es spannend? Und vor allem: Was ist es?
Das ist keine Frage, die ich in den ersten Momenten, in denen sich eine Idee festzusetzen beginnt, beantworten könnte. Eine Saat ist gepflanzt, aber ob daraus ein Ahorn wird, ein Himbeerstrauch oder ein Grashalm ist noch völlig offen. Und das ist gut so. Denn sich zu früh festzulegen, hält die eigene Schaffenskraft unter einem Deckel.
Die ersten Schritte
Ich fange also an, rund um meine auslösende Idee eine Geschichte zu basteln. Grobe Plot-Bruchstücke tauchen auf. Figuren sammeln sich um meinen Protagonisten und gewinnen eine gewisse Kontur. Die Idee eines Themas, aus dem sich der rote Faden entwickelt, der die Geschichte zusammenhält, entsteht. – Das alles nicht unbedingt in dieser Reihenfolge je nachdem, was die ursprüngliche Idee ausgelöst hat. Doch egal, womit ich angefangen habe, recht bald stelle ich die Frage:
Um wen geht es?
Hilfreich ist dabei die Übung, den folgenden Satz zu vervollständigen: „Es geht um einen Mann, der …“
Z.B.: „Es geht um eine junge Keltin, die Seelen sehen kann und deren Gabe ihr von den Druiden geneidet wird.“ (Die Druidin)
Und dann, weitergedacht:
Was will diese Person? Was sucht sie?
Und was stellt sich ihr entgegen?
Was ist es? – Genre
In diesem Stadium der Story-Entwicklung tendieren verschiedene Varianten der Story in verschiedene Richtungen, je nachdem, worauf ich mein Augenmerk lege und wie ich die Hauptfiguren und ihre Bedürfnisse gestalte. Habe ich zwei Protagonisten, deren Leben sich verändert, weil sie zu einander finden? Wird es eine Liebesgeschichte? Oder ist es doch eher ein Road Trip, ein Reifungsplot, in dem der Protagonist „erwachsen“ wird, und die Liebesgeschichte ist nur die B-Story, sprich eine Nebengeschichte?
Es ist ganz normal, hier erst einmal in die Irre zu laufen. Ich habe die Geschichte, an der ich momentan arbeite, einmal grob bis zum dramatischen Ende gedacht. Ich dachte, es sei eine Liebesgeschichte. Dabei hatte ich jedoch schon die ganze Zeit das vage Gefühl, dass meine weibliche Hauptperson nicht wirklich zu einer klassisch romantischen Liebesgeschichte passt, und dass der Spannungsbogen des Ganzen zu flach, die Geschichte streckenweise banal ist. Ich hatte einen gefährlichen Moment in der Story-Entwicklung erreicht.
An diesem Moment kann einem ein Buch über Genre helfen. Vor allem wenn es wie Save the Cat goes to the Movies von Blake Snyder Genre nicht nach Tonalität (Komödie, Tragödie…) definiert, sondern nach Inhalten, Story-Mustern. Ich schaute mir an, was schreibe ich hier eigentlich? Welche Story-Muster bediene ich? Und was würde ich gerne schreiben? Ich entschied, die Liebesgeschichte ist lediglich die B-Story. Zwar ändern sich meine Protagonisten durch den jeweils anderen, aber für meinen Helden ist die Heldin nicht der Hauptgrund, aus dem heraus er sich entwickelt, reift, verändert. Anders ausgedrückt: Es dreht sich nicht nur um die Frau. Mein Haupt-Plot ist etwas anderes.
Eine gute Frage für jeden Autor – evtl. noch bevor überhaupt eine Idee gewälzt wird –ist hier: Was ist eigentlich mein Lieblingsgenre? Welche Arten von Geschichten lese/schaue ich mir am liebsten an?
Story-Entwicklung: Chaos und Struktur
Also wieder zurück an den Schreibtisch. Dieses Stadium der Entwicklung eines Romans läuft nicht nach Zeichenbrett. Es bringt das Gehirn zum Kochen, es ist chaotisch, doch man kann das Chaos strukturieren. Lass die Fragen nicht los, sei streng mit dir! Um wen und worum geht es? Was ist das Thema? Und was für eine Geschichte ist es?
Am Ende dieser ersten Konzipierungsphase fasse ich das Ganze in ein bis zwei Sätzen zusammenfassen (die sogenannte Logline). Und dann sollte ich entscheiden können: Kann diese Geschichte funktionieren?