Business Storytelling: Nur für den Unternehmensnutzen?

Diese Woche ging es bei einer Diskussion auf Xing um die Ethik des Business Storytellings, inbesondere Storytelling in Marketing & Branding, und wie Storytelling Menschen dazu manipuliert, einem Unternehmen zu mehr Umsatz zu verhelfen.

Manipulation zur Gewinnmaximierung?

Dieser Skepsis liegen ein paar Annahmen zugrunde wie:

  • Unternehmen wollen uns lediglich emotional manipulieren, ihre Dienstleistungen und Produkte zu kaufen.
  • Unternehmen erzählen uns Geschichten über Werte, die sie nicht selbst leben.
  • Storytelling im Marketing dient bloß dem Unternehmensnutzen, und Umsatzorientierung ist per se ein verwerflicher Motivator.

Vorab kurz zum Begriff Manipulation. Wikipedia weiß dazu zu sagen, dass der Begriff eine verdeckte Einflussnahme beschreibt. Einflussnahme durch Storytelling – ja. Aber verdeckt?

Verdeckt ist in Business Storytelling wenig – wenn man hinschaut und in der Lage ist, eine Story zu analysieren. Werbung ist dabei in aller Regel nicht so komplex, als dass man dafür einen Doktor in Psychologie oder Literaturwissenschaft bräuchte.

Also im Sinne eines mündigen, aufgeklärten Bürgers und Kunden: Gehirnwäsche dürfte anders aussehen. Unsere Freiheit zu kaufen oder nicht zu kaufen bleibt erhalten. Genau wie unsere Verantwortung als Konsument oder Arbeitskraft, und aus dieser Verantwortung sollte man uns nicht so leicht entlassen, indem man uns als Opfer deklariert.

Business Storytelling dient dem Unternehmensnutzen

Robert McKee bezeichnet Storytelling im Business als „purpose-told“ Story Design – also nutzenorientiertes Gschichtenerzählen. Das Unternehmen erzählt eine Geschichte, damit die Zielgruppe am Ende eine Aktion ausführt – sei es, das Produkt zu kaufen, den Newsletter zu abonnieren oder seinen Ingenieursfreunden zu erzählen, was für ein toller Arbeitgeber die Firma sei.

Worauf Werbung und Branding zielen, ist kein Geheimnis – jeder weiß ja, welchem Zweck Werbung dient. Entscheidend ist hier, ob die Emotionen und Werte, die in der Werbung via Storytelling getriggert werden, authentisch im Unternehmen gelebt werden. Man kann gerne auch noch hinzufügen: und die Sinn und Bedeutung für eine bessere Welt haben.

Wenn Unternehmenszweck, -vision oder -kernwerte der Werbebotschaft entsprechen, nehmen wir das Unternehmen als authentisch wahr. Viele storifizierte Werbefilme, die bei uns einen schalen Geschmack hinterlassen, scheitern in diesem Feld.

Case Study: Sainsbury Weihnachtspot 2014

Die Grenze, ab wann sich ein Zuschauer auf billige Art manipuliert fühlt und bis wohin er dem Unternehmen zugesteht, dass der Inhalt des Spots bedeutsamer ist als die Tatsache, dass es sich um Werbung handelt, ist eine sehr individuelle Linie.

Ein Beispiel für einen kontroversen Werbespot bezüglich Werten und Unternehmensprofit hat uns Sainsbury’s Christmas Ad zu  1914 geliefert, den man hier auf Youtube anschauen kann. (Mit einem Klick auf diesen Link overlässt Du diese Webseite und gelangst zu YouTube. Bitte beachte hierzu meine Datenschutzerklärung.)

Dieser auf einer wahren Begebenheit beruhende Spot hat eine recht scharfe Kontroverse losgekickt, siehe unter anderem den Beitrag in der Welt: (https://www.welt.de/vermischtes/article134793429/Der-Wahnsinn-des-Krieges-in-einem-Schokoladen-Spot.html)

Ich persönlich verzeihe gerne auch mal mangelnde Identität von Werbung und Unternehmen, wenn der Werbespot uns an das Beste im Menschen erinnert. Die Kritik, der Spot würde den Horror des Krieges verharmlosen und dem Unternehmensprofit opfern, halte ich für moralistisch. Für mich ist dies eine Geschichte über Menschlichkeit und dass das Vereinende stärker sein sollte als das Trennende. Im Grunde ist es ein Anti-Kriegs-Spot.

Es sei hinzugefügt, dass Sainsbury den Erlös aus der Schokolade, die im Spot gezeigt wurde, einem Veteranenverband zugute kommen ließ, der im Abspann auch genannt wird. Das hat die Firma aber nicht vor der Wut der Moralisten geschützt.

Werbung als Give-Away mit Hoffnung auf ROI

Werbung ist dann gut, wenn wir sie als Geschenk wahrnehmen, und Geschenke sollten theoretisch ohne die Erwartung eines Gegengeschenks gemacht werden. Doch natürlich hoffen die Firmen, die viel Geld für solche Spots bezahlen, auf einen Return on Investment. Bei Werbegeschenken gilt wie oben ausgeführt: Story kann uns nicht dahin manipulieren, etwas zu kaufen, was wir partout nicht wollen.

Wenn uns ein Mensch oder ein Unternehmen einen Werbefilm schenkt, der unterhält, Bedeutung trägt, Werte, die uns wichtig sind, transportiert und in der Welt stärkt – ist das verwerflich, nur weil es nicht ganz selbstlos ist?

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